im letzten Beitrag habe ich euch gebeten, mir euer persönliches Bilderbuchhighlight des Jahres zu nennen. Insgesamt habt ihr mir 10 Bilderbücher genannt, die ich euch gern hier aufliste. Vielleicht landet das ein oder andere Buch aus der Liste ja unter dem Weihnachtsbaum eines Kindes.
Mir ist aufgefallen, dass es sich bei den genannten Büchern fast aussschließlich um Übersetzungen handelt. Mich würde interessieren, wie das Ergebnis ausgefallen wäre, hätten mehr Leser*innen teilgenommen. Ein Blick in die Verlagsvorschauen wäre sicherlich auch interessant: Wie ist das Verhältnis von Lizenztiteln aus dem Ausland zu Titeln deutscher Kinderbuchautor*innen? Mein persönliches Jahreshighlight hatte ich euch ja bereits in der letzten Rezension vorgestellt, allerdings ist dieses Buch bisher nicht in Deutschland erschienen. Daher werde ich euch demnächst noch mein Jahreshighlight vorstellen, das in diesem Jahr in Deutschland erschienen ist. Und doch auch hier, man ahnt es schon, handelt es sich um einen Lizenztitel aus dem Ausland.
Aber nun geht es erstmal um eure vorgeschlagenen Bilderbücher für das beste Bilderbuch 2020:

Jessica Sanders
„Liebe deinen Körper“ ist gerade in der heutigen Zeit ein wichtiges Buch. Kinder bekommen medial ein Schönheitsbild vermittelt, das all zu oft fernab der Realität ist. Statt einseitig perfekt geformter Körper finden sich in Sanders Buch hingegen diverse Körpertypen, die eine realistische Vielfalt abbilden. Vor allem aber werden Mädchen hier dazu ermuntert, sich selbst zu akzeptieren wie sie sind und sich selbst zu lieben.

„Einfach nett“ ist eine Zusammenstellung von 38 Bildern weltweit beliebter Illustrator*innen, in denen Freundlichkeit in all ihrer vielfältigen Erscheinungsform dargestellt ist. Mit Bildern von Axel Scheffler, Beatrice Alemagna, Quentin Blake, Rotraut Susanne Berner, Benjamin Chaud, Kitty Crowther, Ingrid Godon, Susanne Göhlich, Ole Könnecke, Anke Kuhl, Jörg Mühle, Philip Waechter und vielen anderen mehr. Ein Teil des Verkaufserlöses geht an den gemeinnützigen Verein Three Peas, der Menschen unterstützt, die ihre Heimat verlassen mussten.

Loll Kirby // Adelina Lirius (Illustratorin)
In „Groß genug, die Welt zu retten“ stellt Autor Loll Kirby auf detailreich illustrierten Doppelseiten 12 Kinder aus der ganzen Welt vor, die sich für Umweltschutz, generell die Natur und den Erhalt unseres Planeten einsetzen. Bei der Auswahl der vorgestellten Kinder wurde auch hier auf Diversität geachtet. Kindern ab 4 Jahren wird hier vermittelt, dass man nie zu klein ist, um Wichtiges zu bewirken. Ein schöner Einstieg in ein brandaktuelles Thema.

Jessica Love
„Julian ist eine Meerjungfrau“ erzählt von einem schwarzen Jungen, der Meerjungfrauen bewundert und sich selbst als eine verkleidet. Diese scheinbar so simple Geschichte hat es aber in sich, denn hier prallen kindliche Sehnsucht und gesellschaftliche Normen aufeinander. Es ist sicherlich DAS Bilderbuch des Jahres zum Thema Diversität und Individualität. Es vermittelt in eindrücklichen Bildern, dass jeder so sein kann, darf und soll, wie er ist.

Torben Kuhlmann
„Einstein“ ist das inzwischen vierte Mäuseabenteuer aus der Feder Torben Kuhlmanns und zugleich das mit der größten Komplexität. Die kleine Maus hat unglücklicherweise das Käsefest um einen Tag verpasst und beschäftigt sich nun mit dem Thema Zeit. Mithilfe von Albert Einsteins Theorien baut sie sich eine Zeitmaschine und begibt sich auf ihr Abenteuer. Großformatige, bildgewaltige Illustrationen und das ideenreiche Spiel mit Zeitebenen machen das Leseerlebnis zu einem kleinen Spektakel, das seinesgleichen sucht.

Sophie Blackall
„Lieber Besucher aus dem All“ ist eine Anleitung für unsere Erde. Protagonist Quinn schreibt sie für einen Außerirdischen und beschreibt sie mal aus naturwissenschaftlicher, philosophischer oder sozialwissenschaftlicher Sicht. In leuchtend bunten Bildern blicken wir hier von oben auf die Welt und uns. Ein beeindruckendes Bilderbuch, das uns den Spiegel vorhält und die Schönheit und Vielfalt unserer Welt offenbart.

Meritxell Marti // Xavier Salomó (Illustration)
„Unter den Wellen“ erzählt voller Empathie von einer allzu schnell gefassten Meinung und einer trügerischen Wahrheit. Max treibt in seinem Schwimmring allein im Meer und taucht in eine Fantasiewelt ab, weil niemand mit ihm spielen möchte. Die Kinder halten ihn für langweilig, weil er nur in seinem Schwimmring herumtreibt. Als er an Land ist, bemerkt ein anderer Junge, dass Max eigentlich im Rollstuhl sitzt und bereut sein ablehnendes Verhalten. Das Bilderbuch zeigt Kindern ab 6 Jahren, dass die Wahrheit oftmals unter dem Offensichtlichen liegt und sie sich nicht aus purem Halbwissen eilfertig eine Meinung bilden sollten.

Smriti Halls // Steve Small (Illustration)
„Ohne Dich, das geht doch nicht“ ist ein humorvolles Bilderbuch über eine enge Freundschaft zwischen einem Bären und einem Eichhörnchen, die Letzterem kurzweilig doch etwas zu eng wird. Der Humor des Buches entfaltet sich durch Illustrationen, die weit über den Text hinausgehen und diesem sogar komplett gegenüberstehen. Das Buch muss von den kleinen Leser*innen also an der Schnittstelle zwischen Text und Bild richtig interpretiert werden. Das macht den Spaß dieses Bilderbuchs aus. Die Geschichte endet, wie sie enden muss: In einer Freundschaft, die sich über alle Widrigkeiten hinwegsetzt.

John Hare
„Ausflug zum Mond“ ist auf einer 2020er Jahresbestenliste ein Muss. Hier macht sich eine Gruppe von Kindern auf den Weg zum Mond und vergisst kurzerhand beim Rückflug ein Kind. Das Buch kommt gänzlich ohne Text aus, den braucht es aber auch nicht, denn die Illustrationen sprechen eine Sprache für sich. Reduzierte Farben in großformatigen Bildern geben der Geschichte die nötige Weite und Offenheit. Die bezaubert vor allem durch ihre Botschaft: Nehmt euch Zeit für die Dinge, die euch wichtig sind und ihr werdet Außergewöhnliches erleben. Vielleicht trefft ihr dann sogar zeichenbegeisterte Außerirdische 😉

Cornelia Funke // Annette Swoboda (Illustration)
In „Der Bücherfresser“ wird das sprichwörtliche „Bücherverschlingen“ in eine fantastische Geschichte überführt. Protagonist Sten erbt von seinem verstorbenen Großvater etliche Kisten voller Bücher und eine Truhe, in der sich ein seltsames Wesen befindet, das sich von Büchern und ihren Geschichten ernährt. Kindern ab 4 Jahren bietet sich eine zauberhafte Geschichte über die Magie der Bücher, die auch vom Trost erzählt, den Bücher uns in schweren Zeiten spenden können.